Fahre mit dem Intercity 3 nach Chur. Alt Bundesrat Moritz Leutenberger sitzt im selben Wagen, ein paar Sitze hinter mir. Wenige Tage sind seit der Tagundnachtgleiche vergangen. Das Licht ist herbstlich, das Blau des Himmels satt, die Sonne, unterwegs auf der Südseite des Äquators, steht tief. Obwohl es tagsüber noch gegen 25° Grad ist, gab es die letzten Nächte Bodenfrost, da sie klar waren. Bei der Ausfahrt in Thalwil zeigt sich der hehre Alpenkranz von Speer bis Tödi in all seiner Hoheit. Der Zug fährt an der Badanstalt in Käpfnach vorbei, die Leute sonnen sich und schwimmen als wäre es einen Monat früher im Jahr.
Zwischen Wädenswil und Richterswil verläuft die Bahn direkt dem See entlang. Hinter dem Schilf sitzt ein Schwarm Möwen auf dem See und schaukelt auf den Wellen. Nicht die kleinen, einheimischen, sondern die russischen Lachmöwen. Einen weiteren Schwarm erblicke ich nach Pfäffikon auf dem Obersee. Den dritten Schwarm erblicke ich in Schübelbach, da sitzen die Möwen auf einem Feld. Bei der Europabrücke waren gestern noch keine Möwen.
Kleine Wellen geben dem Walensee eine krause Oberfläche, die Wasserfarbe vor dem Zugfenster ist dunkelblau und lässt auf eine kühle Temperatur schliessen. Die dunkelgrünen, von der Sonne angestrahlten Wälder und hellgrauen Felswände des Leistchammes obrhalb von Quinten spiegeln sich als Farbflächen auf der Seeoberfläche. Dort sieht das Wasser wärmer aus, obwohl es dies kaum sein wird. Beim Hochhaus von Murg ist das Wasser klar, es ist ersichtlich wie tief der Pegel zurzeit ist. Möwen hat es keine auf dem Walensee.